Das gallische Dorf am Tor zu Skandinavien: Flensburg trotzt Bundestrend und wächst mit Start-Ups vor allem im digitalen Bereich weiter

Zahlen, Daten und Fakten – das sind die Kriterien, auf die die Politik, InvestorInnen und Banken so gerne schielen. Unzählige Studien und Untersuchungen zur Gründungsintensität und dem Abschneiden von Regionen gibt es, doch kaum macht sich jemand die Mühe, diese Zahlen zusammenzubringen. Für Flensburg lohnt es sich aber allemal tiefer in die Zahlen zu schauen.

Düsterer Bundestrend

Mit Blick auf die Gründungsstudien und -erhebungen wie den KfW Gründungsmonitor 2018 und den GEM Länderbericht Deutschland 2018 lässt sich der Bundestrend für Existenzgründungen und Gewerbeanmeldungen ganz klar beschreiben: Düster. Erneut sinkt die Gründungsaktivität in Deutschland: Laut KfW waren es 17% weniger Personen, die 2017 eine selbstständige Tätigkeit aufnahmen. Der GEM Länderbericht Deutschland[1] sieht dagegen ein Plus von 0,7% in der TEA-Quote, was aber nach wie vor auch im Vergleich mit anderen Ländern unterdurchschnittlich ist. So wird das nichts mit dem Gründerland Deutschland!

Auch runtergebrochen auf Schleswig-Holstein als Bundesland ergibt der KfW Gründungsmonitor 2018 kein besseres Bild für den Betrachtungszeitraum 2017 ab: Mit 106 Gründungen pro 10.000 erwerbsfähigen Einwohnern im Zeitraum 2015-2017 belegt Schleswig-Holstein nur Rang 12 von 16 im bundesweiten Vergleich.

Das gallische Dorf im Norden Deutschlands

Dass es aber auch anders laufen kann, zeigt nicht zuletzt die rege, kleine Stadt zwischen den Meeren, oben am Rande Deutschlands, das Tor zu Skandinavien: In Flensburg trotzt man wie ein kleines gallisches Dorf dem Abwärtstrend der bundesweiten Gründungsquote.

Regionen im Vergleich

Das NUI-Regionenranking 2017 zeigt für Flensburg ein durchaus gemischtes Bild mit schwankenden Gründungszahlen und Gewerbeanmeldungen, was sich trotzdem in einem Platz im oberen Drittel der 401 Kreise und kreisfreien Städte widerspiegelt.

Eine Spezialisierung muss her

Die Prognos-Studien (Zukunftsatlas 2016 und Digitalisierungskompass 2018) untersuchen vor allem die Zukunftsaussichten einer Region und bewerten die Digitalisierung und die damit verbundenen nachhaltigen Chancen für die Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit.

Und eben genau in diesen Untersuchungen zeigt sich Flensburg von einer überraschend guten Seite. So überraschend sogar, dass das Handelsblatt bereits in 2016 einen eigenen Artikel über die „Start-Up Schmiede des Nordens“ (Handelsblatt 2016) veröffentlichte. Flensburg konnte im Vergleich zur vorherigen Erhebung in 2013 gleich um 67 Plätze auf der Rangliste nach oben klettern – bis auf Rang 147.

In 2018 konnte mit dem Digitalisierungskompass sogar noch eins oben draufgesetzt werden: Flensburg gehört mit Platz 46 zu den Top 50 der 401 Kreise und kreisfreien Städten – im Hinblick u.a. auf die Bedeutung der IKT-Branche, den Anteil digitaler Jobs am Arbeitsmarkt und die Gewerbeanmeldungen und Gründungen mit digitalen Geschäftsmodellen. Flensburg belegt sozusagen eine digitale Gründungsnische.

Bisherige Erfolge

Betrachtet man nun noch konkreter die Gründungszahlen der vergangenen Jahre in Flensburg (im Speziellen: im Dock1 der VentureWærft) ist entgegen des allgemeinen Trends der abnehmenden allgemeinen Gründungsaktivitäten ein durchaus positiver Ausblick in die Zukunft möglich. Die aktuell in den Docks heranwachsenden Start-Ups bieten Anlass zur Freude – werden doch gerade z.B. zwei Start-Ups im Dock1 mit dem Gründungsstipendium Schleswig-Holstein gefördert. Soll heißen: nicht nur die Flensburger*innen finden diese Start-Ups toll, sondern auch Expert*innen außerhalb des eigenen Einzugsgebietes befanden diese beiden Start-Ups, die dahinterstehenden Personen und ihre Gründungsideen für gut und förderwürdig.

Die Entwicklung der VentureWærft

Vor gut fünf Jahren setzten sich Gründungsunterstützer*innen in der Region an einen Tisch, um sich gemeinsam für die Zukunft aufzustellen und ein attraktives Angebot für die eigene Region als Gegengewicht zu den Metropolregionen und Gründungs-HotSpots zu erschaffen. Vereinte und verbesserte Sichtbarkeit war das Ziel, eine gemeinsame Dachmarke für innovative Gründungsvorhaben, vor allem aus dem Hochschulkontext, die den Gründungswilligen eine möglichst lückenlose Gründungsunterstützung ermöglicht. Ein One-Stop-Shop wie es doch so oft gefordert wird (vgl. Deutscher Start-Up Monitor 2018). Vor knapp zwei Jahren (November 2016) wurde die gemeinsame Dachmarke „VentureWerft“ ins Leben gerufen, die seit 2018 auch über die Grenze hinausgewachsen ist, dänische Partner mit an Bord genommen hat und fortan als „VentureWærft“ verkehrt.

Das gemeinsame Highlight ist die wechselnd in Sonderburg und Flensburg alle halbe Jahr stattfindende conVenture – ein Netzwerkevent für die Start-Up-Szene rund um die Flensburger Förde. Dort wird der Austausch zwischen den Start-Ups grenzübergreifend ermöglicht und gefördert, Start-Ups können sich der Öffentlichkeit präsentieren und der ein oder andere Investor konnte in den vergangenen Jahren dort bereits auch schon gefunden werden. Im Herbst 2019 wagt sich die VentureWærft an ein neues Format, den „VenturePitch“, der eine angepasste Version der „Höhle der Löwen“ ist. Durch die grenzübergreifende Zusammenarbeit hat sich auch im alltäglichen Miteinander viel verändert, so arbeitet man zusammen auf Englisch und ermöglicht auch den vielen internationalen Studierenden, sich mit einzubringen.

Ausblick

Die Zeit wird zeigen, welche tollen und spannenden Start-Ups in Flensburg und Umgebung in den kommenden Jahren noch hervorkommen werden. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, darf gerne auf der Website der VentureWærft (www.venturewaerft.com) vorbeischauen und die Termine zur conVenture vormerken: am 14.05.2019 in Sonderburg und am 21.11.2019 in Flensburg.

[1] Der GEM gibt die Gründungsaktivität als TEA-Quote aus (Total sarly-stage entrepreneurial activity) – dort wird ein Prozentanteil der erwerbsfähigen Personen angegeben, die während der letzten 3,5 Jahre ein Unternehmen gegründet haben und/oder gerade dabei sind, ein Unternehmen zu gründen. Dier KfW hingegen gibt an, wie viele Personen in 2017 eine selbstständige Tätigkeit neu aufgenommen haben.


VentureWærft ist die Start-Up Community in der Region rund um die Flensburger Förde. Die deutschen und dänischen VentureWærft-Docks sind Dr. Werner Jackstädt-Zentrum für Unternehmertum und Mittelstand Flensburg, Industrie- und Handelskammer zu Flensburg, Technologiezentrum Flensburg, Syddansk Universitet (Entrepreneurship Labs & Mads Clausen Institute) und Sønderborg Iværksætter Service.

Neben diesen Partner*innen besteht die VentureWærft auch aus erfahrenen Unternehmer*innen und Start-Ups aus der Region. Die VentureWærft ist dabei als Teilprojekt Bestandteil des mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Bund-Länder-Förderinitiative „Innovative Hochschule“ geförderten Projektes „Grenzland Innovativ Schleswig-Holstein“.

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